Stanisław Barańczak
DIE WINTERREISE
Gedichte zur Musik
Franz Schuberts
Aus dem Polnischen von Hans-Peter Hoelscher-Obermaier
(1994)
„Fallt kurz hier ein, um Feuer“
wie taktlos uns die Welt
mit Kälte, immer neuer,
im Takt entgegenhält.
„Um Feuer“? Was nicht alles!
Doch fielen ‚rein wir – Fakt.
„Um Feuer“? Was nicht alles!
Doch fielen ‚rein wir – Fakt.
Ein Ausfall – muß entfallen:
gebietet schon der Takt.
Ein Ausfall – muß entfallen;
zumal‘ s ja keiner packt.
Die Gastfreundschaft des Wirtes
in dieser Eisregion
verdickt das Blut, gefriert es,
scheint vage uns zu drohn.
„Entflammst für Land und Klima“:
schon unverfroren, gell!
„Entflammst für Land und Klima“:
schon unverfroren, gell!
Rings Wüstenei und Winter,
der Hunde irr Gebell.
Und droben Äther, Winter,
der Neumond: ein Skalpell.
Geplant war längres Weilen,
doch nicht in solchem Raum.
Schnee füllt zwei Tagesteile,
den dritten Schlaf und Traum!
Nicht dies die Atmosphäre,
zu lüften unser Hirn:
es logen Palmen, Meere
im Baedeker, dem wirrn.
Schlecht diese Atmosphäre
für unsern Schrundenmund;
die Luft, so frisch sie wäre,
ist doch voll Frost und Frust.
Uns führte wer aufs Glatteis…
nein: in der Kugeln Glas,
wo Flocken stiebt auf Matten,
die husten, nackt und blaß.
Drum: Zähne zusammenbeißen?
Die preßt der Frost schon wund!
Läßt keinen Ton entweichen
und keinen Hauch zum Mund.
Drum: Zähne zusammenbeißen?
Die preßt der Frost schon wund!
Läßt keinen Ton entweichen
und keinen Hauch zum Mund.
Und keinen Hauch zum Mund.
Antennen zwischen den Kaminen,
ein erster Zug vom gelben Rauch:
die Dächer, Dämmer stehn nicht hinter –
sind immer über, in uns auch.
Mit weißestem Atlantik – Dampfer
ging‘ s fern in Tropenbreiten fort,
doch wir sind voll noch vom Gestanke
dezembrig rauchverhangnen Orts.
So weht denn, steife Meeresbrisen:
Atem benimmt
im Traum uns auch
der alte Platz, bekannt präzise,
der schwarze Schnee, der gelbe Rauch.
So weht denn, steife Meeresbrisen:
Atem verschlägt‘ s
im Traum uns auch –
wir kennen unsern Platz präzise,
wir kennen unsern Platz präzise,
sein Grinsen, gelbgezähnt, verraucht.
Vielleicht, wenn man erst gar nicht
sie überstiegen hätt‘:
die hier, die offenbare,
die temporäre Welt?
die schlecht- und rechte Welt?
Vielleicht, daß von der Erde
der Wuchs, zwei Meter knapp,
die Himmelfahrt schon wäre?
Und dann erst käm‘ – das Grab?
Vielleicht singt diesem Himmel
man siebzig Winter lang
mit kältestummer Stimme
voll Klang den Lobgesang,
voll Dank den Lobgesang?
Vielleicht, daß „Los“ in Winters
ganz eignem Versverstand
zu „Eis“ und „Frost“ auch stimmte –
als voller Reimesklang,
als reiner Reimesklang?
Die Welt, mit ew’gen Eises
Pinzette festgezwickt,
beschaut, zum Sachbeweise,
ganz sachlich das Gericht;
in kalte Glut des Eises,
zwei Seiten plattgedrückt,
faßt ’s Rund des Erdenkreises
die Hand, nur teils in Sicht.
Doch hat sich hier versammelt
kein Oberstes Gericht:
es geht in der Verhandlung
um kleinen Fehltritt,
um Greuel nicht;
bei mäßiger Erfahrung
klärt selbst ein Standgericht,
wer das Delikt begangen,
ganz ohne Vorsatz,
versehentlich.
Wer hat bloß angenommen,
es blieb‘ beim ersten Plan:
im Grünen sel’ge Wonnen
bei Rauschen, Meeresschaum?
Des grünen Rauschens Wonnen!
Der sanfte Meeresschaum!
Wir sind ja wie benommen:
gab’s wirklich diesen Plan?
Nicht das Gericht, das Jüngste –
es reicht der Hausverstand,
am Ideal zu wittern
der Fehlprämisse Brand;
wer nahm bloß an voll Willkür,
der Eisstrom blieb‘ verbannt
von unsern Meeresküsten,
dem uns Gelobten Land.
In die polare Zange
beidseitig eingezwickt,
hat ’s Weltei keine Chance,
daß es was sagt,
am Zeuge flickt;
und nur der Krampf der Beben,
nur der Tektonik-Tick,
kann dem Gericht mal geben
den stummen Tip:
„Sie alle sind’s,
sie alle sind’s.“
Am Tor beim kühlen Brunnen,
beim alten Lindenbaum,
träumt‘ ich in heißen Stunden
so manchen süßen Traum.
Ich schnitt ins Holz der Linde
so manches liebe Wort
und sehne mich nun immer
nach Traum und Schatten dort.
Lauf‘ heut durch Winteröde,
durch Schneesturm, Frost und Nacht,
und strauchle, weil ich blöde
die Augen zugemacht.
Stets ruft mir aus der Ferne
das grüne Rauschen zu:
„Kehr heim zu mir, Geselle,
zu einst’ger Träume Ruh‘.“
Der Winterwind, so beißend,
sticht Dolche ins Gesicht,
will mir den Hut entreißen –
doch wende ich mich nicht.
Mir ruft seit vielen Stunden
das grüne Echo zu:
„Kehr heim zu mir, zum Brunnen,
zu einst’ger Träume Ruh‘.“
Mir ruft seit vielen Stunden
das grüne Echo zu:
„Kehr heim zu mir, zum Brunnen,
zu einst’ger Träume Ruh‘,
zu einst’ger Träume Ruh‘.“
Unter arktischer Kompresse
rinnt der Fieberschweiß hervor.
Das ist nicht im Stil des Schnees mehr,
seiner Streiche wie zuvor,
seines Stils, mehr „cool“ denn „hot“.
Phantasie, die wieder fehlte:
ein Gemeinplatz war’s bereits,
ewig schnüre Frost die Kehle –
wo nun ’s Meer zum Munde reicht!
Schlimmer noch: das Hirn erweicht.
Schnee, was ist mit dir geschehen?
Neu sind Anschrift, Name, Stand?
Unsre Sprays und Schlotalleen:
ändert soviel dieser Tand?
Da ist heimlich was geplant…
Ist’s die Angst vorm Los des Zeugen,
der zu viele Winter sah?
Willst, gleich mir, dich ganz verschreiben
andrer Welt als dieser da?
Willst dich selbst drin anders, ja?
Ob nicht ein Großer Schwindler
den Scheck geschickt gefälscht,
den wir beim Start erhielten
im Berg- und Flußkuvert?
Ob er die Bank fingierte
im linken obern Eck?
Verbarg, daß er agierte,
von einer Gang gedeckt?
Mit Absicht Fehler machte
beim eignen Namenszug,
uns um die Chance brachte,
daß man sein Konto nutzt?
Mit Absicht Fehler machte
beim eignen Namenszug,
uns um die Chance brachte,
daß man sein Konto nutzt?
Ob unsre Namen pfiffig
er in die Schräge schrieb,
daß der Kassier begriffe:
„Die drehen gleich ein Ding“?
Hast Lust – dann glaub der Märe,
es läg‘ ein Scheck bereit,
daß uns Geleit gewähre
ein himmlisch wellfare state,
so ein himmlisch wellfare state.
Hast Lust – dann glaub dem Märchen,
weil schwerer drein dich schickst,
daß uns zum Trost der Tränen
wer Alles gab – und Nichts,
einer Alles gab – und Nichts,
einer Alles gab – und Nichts.
Brennt uns der Boden untern Füßen,
faßt auch die Brücke Glut am End‘;
ex post entsteht daraus die Mythe,
daß Brücken selber man verbrennt.
Daß sie nur hinter uns verbrennen,
ist auch ein Irrtum, oft genannt –
was Flüchtlinge sehr rasch erkennen,
Ertrinken sie noch knapp vorm Land.
Ein tiefes Wissen eignet denen,
auf die nicht scharf das feste Land.
Enttäuschungen der Art vermeidet,
wer seinen Blick zu Boden senkt,
sich ihn zu konzentriern bescheidet
auf jenen Schuh, des Schritt er lenkt.
Der Blick nach vorn bringt nur Verdrießen,
der Blick zurück ist auch nichts wert:
Kreuzfeuer aus zwei Paradiesen,
von zweier Brücken Flammenschwert.
Aus diesen beiden Mörsern schießen
zwei Flammen immer zu uns her.
Aus der vergangnen Zeit vertrieben
und lästig der, die unser harrt,
ist nur der Raum als Schutz geblieben,
da ihn die Zeit zum Nullpunkt ballt.
Der eine Vorteil ist geblieben:
im Raum, geballt zur Gegenwart,
kann man noch schreiten nach Belieben –
auch wenn vielleicht Vernichtung harrt;
kann man noch schreiten nach Belieben
auch wenn gewiß Vernichtung harrt,
ganz sicher die Vernichtung harrt.
Stellt man ab die Flimmerkiste,
saugt’s die ganze Wirklichkeit
in den schwarzen Röhrentrichter,
daß der Schlaf uns leichter sei.
Leichter wird’s auch ihr dabei.
Jenes Funkens Abschiedsbrennen,
eh’s den Bildschirm flugs verschluckt:
ist’s ein Irrlicht? die Laterne
jenes Weisen, der uns sucht?
Will uns treffen – einmal nur.
Folgt dem Irrlicht man in Sümpfe?
Wartet man, bis Finsternis
jene Wahrheit uns ergründe,
die uns folgte Schritt für Schritt?
Unsre erste Wahrheit kündet:
Kennt sie wer – ist’s Finsternis.
Am Straßenrand erstarrt ein Dodge
samt seiner Hänger Fülle.
Urin, der dampft, durchlöchert forsch
ein Weilchen Schnee und Stille.
„Hab‘ jäher Stille Schreck gespürt…“,
will’s stets im Ohr mir klingen.
Das schmerzenssteife Kreuz massiert
der Fahrer mit der Linken.
Das schmerzenssteife Kreuz massiert
der Fahrer mit der Linken.
Da ich passiere, zeigt mir der
noch immer seinen Rücken.
Von mir bleibt Abgas und Geröhr‘,
wo kurz wir näherrückten.
„Doch du hast drüber dich mokiert!…“
Ich sehe noch im Spiegel,
wie sich in früher Nacht verliert
das Weiß erneuter Stille,
wie sich in früher Nacht verliert
das Weiß erneuter Stille.
Ich dachte im rosa Dämmer:
„Was tut’s schon, daß irgendwo Krieg?
Die Bestie killt dort Bestien,
weil sonst sie nichts kennt, ihr nichts liegt,
weil sonst sie nichts kennt, ihr nichts liegt.“
Der erste Sniper, sonstwo,
der Tages Abzug drückt:
bevor der Schuß am Ziele,
entdecke ich, das bin ja ich.
Ich meine den Gekillten,
und daß der Gekillte ja ich.
Doch strahlt der Bildschirm wieder,
denn Zeit ist’s für andern Mord;
die Meldungstorte stückelt .
der Bildschirm in einem fort:
das Neuste von Show-Welt und Glamour,
dann Wetterbericht und Sport,
dann Wetterbericht und Sport.
Ich dachte im Morgendämmer:
„Was tut`s, daß viel Böses geschieht,
in jedem die Bestie schlummert?
Die wird schon noch untergekriegt,
die wird schon noch untergekriegt!“
Ein andrer Sniper, sonstwo,
der Tages Abzug drückt:
bevor der Schütz‘ am Ziele,
entdecke ich, das bin ich.
Ich meine jenen Killer,
und daß jener Killer – ich.
Doch Moderators Lächeln
erklärt: von Gericht kein Wort!
´s Gericht wird kommen – später;
wir gehen indes sofort
zu Show-Welt nun über und Glamour;
danach dann – zu Wetter und Sport,
zum Wetterbericht und zum Sport.
Das morgendliche Schippen
heißt, Logikern gemäß,
man baut auf zwei Prämissen,
im Worte „Schnee“ versteckt:
daß ein gefallner Engel
nach oben nicht mehr kehrt;
und daß er durch sein Bleiben
arg kompliziert die Welt.
Ach, kristallines Glänzen
vermischt sich halb und halb,
streut man dir endlich, Engel,
auf deine Wunden
genüßlich Salz!
Ach, praktisch sind die Zwänge,
vermischt doch halb und halb
mit Rachsucht, streun wir, Engel,
auf deine Wunden
genüßlich Salz!
Meine Uhr, du spottest ganz umsonst:
Na, was vergaß ich denn heute bloß,
o Gott!
Na, was vergaß ich denn heute bloß,
o Gott,
o Gott?
Daß ich was schluck‘, verschick‘ den Scheck,
das Böse stopp‘, ein Kraut entdeck‘
fürn Tod,
fürn Tod?
Daß ich was schluck‘, verschick‘ den Scheck?
Jedoch – der Tod?
Das Böse bann‘, ein Kraut ausheck‘
fürn Tod,
fürn Tod?
Kennt dieses Elektronik-„Bip“,
spricht einen andern Sprachentyp
der Tod?
Spricht einen andern Sprachentyp
der Tod,
der Tod?
Ist’s Flüstern, wagnerischer Klang?
Hat was zu sagen von Belang
der Tod,
der Tod?
Spricht flüsternd, wagnerisch im Klang,
der Tod,
der Tod?
Hat was zu sagen von Belang
der Tod,
der Tod?
Daß „Rauhreif“ einem über Nacht
das schwarze Haar bestäube?
Wird flügellahm die Welt, verzagt,
ob solch „bereifter Häupter“?
Metaphern, dieser harte Kniff
der Lyrik – Kombizange,
verflachen oft durch falschen Griff
zu Mythen dralle Fakten:
halb ist’s Faux-pas, halb Mangel.
Dem kleinsten Leid weint unser Stil
gesalzne Übertreibung –
die Erde kennt bloß Schneegeknirsch
an Stiefel oder Reifen,
an Stiefel oder Reifen.
Was streicht aus mit weißem Strich
jener Jet-Revisor?
Erde, hast genug noch nicht,
was verlangst schon wieder?
Striche – die selbst Spatzenkot
überlebt bei weitem…
Rüffelst, du Versuchsballon,
Himmels Ewigkeiten?
Hält für Pfusch das Paradies
jener Jet-Revisor –
ja, dann streiche selber dich:
Konsequenz bewiesen!
Streich dich, harr ’nen Augenblick: ,
weiße Beichte, simpel…
Frühling, Sommer, Herbst – sie kommen,
nicht nur Winter sucht uns heim:
machen trunken, ganz benommen,
und entsprechend schönen Reim.
Auf das Wunder, Rausch und Helle,
scheint dreiviertel Jahr Verlaß:
tauchen unsres Blickes Kelle
in ein Riesenhonigfaß.
Erstes Blatt, das los sich trennte,
immer ist dein Flug vorbei,
eh‘ die Welt erretten könnte
ein,
ein,
nur einmal ’s Bannwort „Sei!“,
ein,
ein,
nur einmal ’s Bannwort „Sei!“.
Flog über die Großstadt – Millionen im Schlummer;
ich fühlte mich unwohl, am Fenster mich krümmend:
wenn mit dem Blick man in solchen Nächten
Schläfern entreißen könnt‘ Dächer und Decken?
Ha, könnte ich… Nein, will’s nicht erkunden:
ich weiß,
ich müßt‘
mich selber damit verwunden –
durch scharfes
Betrachten
von kleinen und seichten Träumen,
von lauer Verzückung,
von träger Entrückung
und flauem Bammel.
Sähe in jedem dieser Schläfer
meine Ration, meinen Beitrag, mich selber:
das, was mir zusteht, mich wirklich träfe,
das, was im Mythos man nie verewigt.
Das, was mir zusteht, mich wirklich träfe –
das wird im Mythos ja nie verewigt.
Und doch, heult Flockenwirbel
dir eisig ins Gesicht,
kehrt jene Hoffnung wieder,
daß etwas in dir ist,
daß über dir was ist.
Am Bahnsteig die Momente,
die Ewigkeiten sind,
die Tage, wenn’s nur Dämmer
und Schnee am Morgen gibt:
sind Bruch nicht von Kontrakten,
vielmehr – durch Winters Grimm
vermittelte Kontakte,
vermittelte Kontakte
mit Etwas Mehr, mit Ihm.
Mein Armaturenbrett, hell funkelnd,
sä Glanz wie Flöten in C-Dur!
Trag mich ins Dunkel: spiel‘ den Ertrunknen –
ich, Ratte, die aus der Stadt geführt.
Frost; Wehenspuk am Straßenrand;
wie mich, führ‘ alle uns zum Tanz
durch Nächte, sternlos, Eisesland
dein Instrumenten-Irrlichtglanz,
Disc-Jockeys Stimme, Brudermacht,
durch Eisland, sternenlose Nacht.
Muß bei Rotlicht stehenbleiben,
spähe seitwärts scheelen Blicks.
Parallel gezähmt, vier Streifen:
drängen in die Finsternis.
Parallel gezähmt, vier Streifen:
drängen in die Finsternis,
die Finsternis.
Hinterm Fenster eines Honda –
die Verriegelung gedrückt,
die Verriegelung gedrückt –
kühle Züge, eine Blonde:
Lippen werden rasch geschminkt,
Lippen werden rasch geschminkt.
Durch des Vorfahrtsrechts Gesetze
brav ’nen Augenblick vereint,
schweigen wir zwei kurze Sätze:
„Also gibt’s dich? Na dann sei!“
Schweigen wir zwei kurze Sätze:
„Also gibt’s dich, was auch sei?
Dann sei dabei!“
In zwei parallelen Schlünden,
wenden wir nun rasch den Blick,
fallen wieder in die blinde,
fallen wieder in die blinde
Einzel-Finsternis zurück.
In zwei parallelen Schlünden,
wenden wir nun rasch den Blick,
fallen wieder in die blinde
Einzel-Finsternis zurück,
Einzel-Finsternis zurück.
Für Autos Totenäcker
(Rost-Blech-Lasagne, flach),
Gestank vom Müllplatz, städtisch,
ein einsam Glashausdach,
der Schrebergärten Drahtnetz
(ein Hund gibt heftig Laut),
mit Ruß bewachsne Hallen,
von Schlackenhalden Rauch,
in Kabels schlaffer Klammer
für Wolken, Himmelsruh‘
ein flammend-rätselhafter
Appell im Aufwärtsflug,
aus schwarzem Schnee erhebt sich
(nicht klar, wer wem ihn gab)
ein himmelwärts bestrebter
Stock, Krummstab, Wanderstab.
Ein himmelwärts bestrebter
Stock, Krummstab, Wanderstab.
Ob der weißen Gabenpracht,
ins Gesicht geschleudert,
wollt‘ man einmal nur mit Macht
rebellieren, meutern.
Frost im Päckchen wieder mal,
Ebnen, weiße, fade?
Herrengunst und Lerchensang…:
pfeif‘ auf solche Gnade!
Eisesglätte, Schneegeknirsch,
monoton Gestöber:
suche selbst die Plagen mir,
Deine hab‘ ich über.
Keine Feuertaufe dies,
erste Feindaufklärung:
was die Öde in mir ist,
weiß ich, Herr, schon länger.
Strahlt uns der Glanz von Neonlicht –
zeig Großmut, spotte unser nicht.
Betäuben wir die Angst durch Krach –
so gib auf unsre Träume acht.
Entstellt uns Haß das Angesicht –
lenk in den Spiegel unsern Blick.
Quält uns der Wahrheit Widerstreit –
rett vor Vereinfachung den Geist.
Verhehlen wir’s auch immerfort –
erkenne unser wahres Wort.
Seh‘ in der Vitrine, tief im Spiegelglas,
aus dem Augenwinkel: mich, denselben fast.
Wie ein Ei dem andern, zum Verwechseln schlicht,
wäre nicht dies welke, alternde Gesicht,
das beim Marsch ins Alter plötzlich man erwischt.
In den Ohren Stöpsel, trägt ein Radio
folglich auf dem Herzen – ich halt’s ebenso.
Könnte darauf wetten, um das Sein, das Nichts:
der hört keine Rapper, frisch von Compact Discs,
eher schon den Schubert – ist wohl solchen Typs.
Stimmt es also, Bruder, tief im Spiegelglas,
Daß ich dich in etwa, du mich auch fast hast?